Warum Spartacus

Auf dem Höhepunkt der Kämpfe zwischen dem römischen Heer und den aufständischen Sklaven unter Führung des Spartacus kommt es zu einer Schlacht, die von den Legionen gewonnen wird. Der römische Feldherr fordert die gefangenen Überlebenden auf, ihren Anführer auszuliefern. Spartacus erhebt sich und ruft: "Ich bin Spartacus!" - doch dann rufen auch andere: "Ich bin Spartacus!", bis schließlich tausende Gefangene einstimmen (Filmszene aus dem Filmklassiker "Spartacus" von Stanley Kubrick 1960). Doch wer war Spartacus wirklich? Und welche Bedeutung hat er für uns in der Spartacus Group AG?

Spartacus als Symbolfigur

Noch heute, über 2.000 Jahre nach seinem Tod, ist Spartacus Symbolfigur gegen Unterdrückung und Knechtschaft im alten Rom. Die umfassende Rezeptionsgeschichte dieses einzigartigen Sklaven erklärt sich aus den Besonderheiten, die den Aufstand des Spartacus von den zahlreichen anderen bewaffneten Sklavenaufständen seiner Zeit mit manchmal ebenfalls tausenden Beteiligten unterschied. Wir möchten an dieser Stelle einige spärliche Hinweise aus der spätrömischen Geschichtsschreibung aufgreifen, um Spartacus in seiner Bedeutung für uns herauszustellen:

Wir schreiben das Jahr 73 v. Chr.: Die Festspiele, auch Gladiaturen genannt, bewähren sich seit Jahrzehnten als Vergnügungen für das Volk. Hochrufe erfüllen die Arenen, wenn sich die Gladiatoren dem tödlichen Spiel stellen: Bereits seit Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. bekämpfen sich nicht nur Sklaven oder Gefangene, sondern auch Freiwillige auf Leben und Tod. Der Gladiator Spartacus gehört nicht zu den Freiwilligen. Er wurde aus Thrakien (heutiges Bulgarien) mit seiner Familie verschleppt und auf einem Sklavenmarkt an die Gladiatorenschule in Capua verkauft. Diese gilt bis in die Spätzeit Roms als das Zentrum des römischen Gladiatorenwesens, die Eliteschmiede für Kämpfer.

Für Spartacus ist allerdings bereits nach dem ersten Kampf klar, hier kann er nicht bleiben. Noch im selben Jahr gelingt ihm die Flucht, zusammen mit etwa 70 anderen Gefangenen. Auf ihrem Weg in die Freiheit können die entflohenen Sklaven Waffen erbeuten und weitere Leidensgenossen um sich scharen. Die Römer nehmen Spartacus und seine Anhänger zunächst nicht ernst. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Denn nach einigen Monaten auf der Flucht, verschanzen sich die Revoltierenden am Vesuv. Rom muss nun handeln: Doch Rom unterschätzt anfänglich den Aufstand und beordert nur etwa eine ½ Legion zu den Füßen des Vesuvs. Sie versperren den einzigen Weg zum Berg und wollen die entflohenen Sklaven aushungern. Eine aussichtslose Situation, doch Spartacus hat einen tollkühnen Plan: er befiehlt seinen Leuten, sich nachts mit aus Weinreben geflochtenen Strickleitern an einem steilen Felsabhang herunter zuhangeln, die nichts ahnenden Legionäre zu umrunden und auf ein Zeichen zu töten. Ein sensationeller Sieg gegen die unbesiegbar scheinende Streitmacht Roms.

Was als harmloser, kleiner Aufstand beginnt, entwickelt sich nun zu einer flächendeckenden Revolte. Tausende schließen sich Spartacus und seinen Gladiatoren an: Sklaven, verarmte Freie, darunter auch Frauen, Kinder und alte Menschen. Bald zählen sie fast hunderttausend Menschen. Und die Revolte breitet sich immer weiter aus: Durch den Sieg über ein römisches Heer beherrschen Spartacus und seine Mannen bald Süditalien. Doch Spartacus' Beweggründe sind nicht die Befreiung der Sklaven oder die Neuordnung der Gesellschaft. Er will einzig und allein das Römische Reich verlassen, möglicherweise in seine Heimat Thrakien zurückkehren.

Spartacus mit klaren Zielen

Bei Appian (hochgebildeter, römischer Geschichtsschreiber, 90-160 n. Chr.) wird erwähnt, dass unter Spartacus die Beute der Feldzüge an alle Angehörigen seines Heeres gleichmäßig verteilt wurde. Das war für die damalige Zeit keineswegs selbstverständlich. In der Regel bekam der Feldherr den größten Teil der Beute. Auch verbot er seinen Mitkämpfern den Besitz von Gold und Silber. Jedoch hatte er damit nicht die Absicht, wie häufig fehlinterpretiert, früh-kommunistische Werte zu vertreten. Vielmehr sah er im Reichtum die Gefahr, sein Ziel, nämlich die Flucht in die Heimat, aus dem Auge zu verlieren. Denn er wollte auf keinen Fall eine neue Gesellschaftsordnung in Italien errichten.

Spartacus mit Idealen und Wertvorstellungen

So soll er nach Appian zu seinen Leidensgenossen in der Gladiatorenschule, größtenteils Gallier und Thraker, gesagt haben: „Man darf das Leben nicht für Schauspiele einsetzen, sondern für die Freiheit.“ Eine Aussage, die in der heutigen Konsumgesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt. Diese Wertvorstellung über das Leben stellte bereits die Gesellschaftsordnung Roms grundsätzlich in Frage. Denn ohne die Arbeit der Sklaven war Rom nicht denkbar. Das erklärt auch das harte Vorgehen der Römer nach ihrem Sieg gegen Spartacus – obwohl Spartacus seinerseits das sinnlose Plündern und Morden in seinem Heer verboten hatte. Ebenso ordnete er an, dass alle Waren, etwa Metalle zur Waffenherstellung, von seinen Kämpfern auch bezahlt wurden; das sollte den Sklaven, vermutlich, den notwendigen Rückhalt und Respekt in der ländlichen Bevölkerung sichern.

Spartacus als vorausschauender Organisator

In der Literatur wird häufig auf die hervorragende Organisation des Spartacus Aufstandes hingewiesen. Darin unterscheidet er sich von vielen Vorläufern. Beispielsweise kümmerte sich Spartacus selbst um die Beschaffung von Waffen und sonstigem Materialien. Um den Nachschub zu gewährleisten, bestand er auf einem fairen Umgang mit der Bevölkerung. Plutarch (bedeutender griechischer Schriftsteller und Charakterforscher, 45-125 n. Chr.) erwähnt, dass die Frau des Spartacus eine Seherin war, die ihm eine große und zugleich düstere Zukunft prophezeite. Spartacus widmete viel Zeit für die Planung und Organisation seiner zukünftigen Aktionen, die Grundlage für seine militärischen Erfolge war.

Spartacus als Motivator und Vorbild

Der wohl bekannteste Gladiator der Geschichte war also nicht nur wegen seiner Kämpfe in der Arena, sondern vor allem als Anführer des Sklavenaufstandes von 73-71 v. Chr bekannt. Er schlug mehrfach durch taktisches Geschick zahlreiche römische Legionen. Nicht selten war das Kräfteverhältnis 1:30. Er vertrat seine Werte und organisierte innerhalb kürzester Zeit die Verpflegung und das Material für ein Heer von fast 70.000 Kämpfern. Schließlich war er in der Lage, den ihm folgenden Menschen Hoffnung und Sinn zu vermitteln. So lautet eine weitere überlieferte Aussage von Spartacus bei Plutarch: „Die römischen Legionäre haben nichts zu verlieren, denn ihr Leben ist armseelig. Wir hingegen kämpfen für unsere Familien und unsere Freiheit. Also kämpft, als wäre es Eure letzte Schlacht.“ Nach übereinstimmender Beurteilung namenhafter Historiker hätte der Aufstand Spartacus das übermächtige Rom fast zu Fall gebracht.

Spartacus als Märtyrer

Spartacus’ Plan, nach Gallien zu ziehen, um dort eine neue Heimat zu finden, wird von seinem Freund Crixus wenig geschätzt. Dieser will Rache an Rom. Als er, um Nahrung zu besorgen, allzu brutal gegen die wehrlose Zivilbevölkerung vorgeht, trennen sich die Wege zwischen ihm und Spartacus. Wenig später wird Crixus’ Streitmacht von römischen Legionen aufgerieben. Als Spartacus mit seinen Mannen die Römer als Gegenantwort erneut vernichtend schlägt, lässt er sich von Oenomaus wider besseren Wissens zum Kampf gegen Rom verleiten und zieht zurück nach Süden, was letztendlich seinen eigenen Untergang bedeutet – allerdings nicht ohne einen letzten Kampf.

Da der Weg nach Norden nun verstellt war zogen die Gladiatoren nach Süden und wollten mit Hilfe von Piraten nach Sizilien übersetzen. Aber die Piraten ließen das Sklavenheer im Stich, obwohl sie die vereinbarte Anzahlung erhalten hatten. Der römische Oberbefehlshaber Marcus Licinius Crassus (sehr vermögender, römischer Politiker, 114-9 v. Chr.) versuchte nun das Sklavenheer in Schach zu nehmen und errichtete einen Wall. Spartacus konnte diesen aber durchbrechen und abermals ein römisches Heer schlagen. Dennoch unterlag er schlussendlich in einer späteren Schlacht gegen Crassus Heer. Spartacus fiel im Kampf und seine Leiche wurde nie gefunden. Dass er auch an einem der von Crassus aufgestellten Kreuze an der Via Appia hing, ist ein Mythos. Hier hingen aber sechstausend seiner Kameraden, die für ihn und eine gerechte Sache gekämpft hatten.

Das Interessante an Spartacus sind weniger seine gewonnenen Schlachten und erlittenen Niederlagen, sondern es ist sein Charakter, sein Wirken, seine Leidenschaft und seine Werte. Nicht jeder mag einstimmen in den eingangs geschilderten Kanon: „Ich bin Spartacus!“ Doch viele werden sich fragen: Wie hat Spartacus seine Leute aus unterschiedlichsten Ländern und Regionen zusammen gehalten? Was hat sie veranlasst Rom immer wieder die Stirn zu bieten? Was für eine charismatische Erscheinung muss Spartacus gewesen sein? Die Antworten auf diese und andere Fragen können wir nicht abschließend geben aber eine Vorstellung davon haben wir für uns selbst daraus gewinnen können!

von Dr. Lars Schneider